Hierzulande gilt Rindfleisch von Jungbullen oder jungen Färsen als ideales Fleisch für Pfanne und Grill. Das Fleisch der jüngeren Tieren kommt dem Trend nach Kurzgebratenem in der schnellen Küche und unkompliziertem Grillvergnügen entgegen. Zudem wird es aufgrund seiner geringeren Fettanteile und der etwas helleren Farbe von vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern als gesünder wahrgenommen. Das Fleisch älterer Rinder hingegen gilt als schwer zu verarbeiten und als zäh.
In anderen Ländern gibt es andere Traditionen und Essgewohnheiten, auch beim Rind. Vor allem in Spanien ist die »Alte Kuh« ein ausgesprochener Leckerbissen. Das kräftigere, dunkelrote und mit Fett durchmarmorierte Fleisch der Tiere ist nicht nur in der Gastronomie begehrt. Für Ältere ist es noch selbstverständlich, Gerichte mit dem Fleisch alter (Milch-)Kühe zuzubereiten. Tiere möglichst jung zu schlachten wäre früher, als die Lebensmittel knapp waren, geradezu Verschwendung gewesen.
Ausgehend von wenigen Spitzenrestaurants im Baskenland ist in den letzten Jahren eine Wiederentdeckung der alten Kühe in der spanischen Gastronomie ausgegangen und hat zu einem regelrechten Hype geführt. Der Markenname eines baskischen Metzgers, der den Hype um die alte Kuh ausgelöst hat, ist inzwischen zum Zauberwort einer ganzen Bewegung geworden – »Txogitxo« (baskisch). Der Metzger ist inzwischen zu einem erfolgreichen großen Fleischhändler geworden und exportiert in alle Welt. Food-Scouts und Aufkäufer, die nach geeigneten alten (Milch-)Kühen für den spanischen Markt suchen, sollen bereits auch in Norddeutschland unterwegs sein, heißt es.
Seit Mitte der 2010er Jahre ist der Trend aus Spanien auch in der Spitzengastronomie hierzulande angekommen, im Mainstream jedoch noch nicht. Allerdings bieten mehr und spezialisierte Online-Fleischhändler auch für Endkund:innen höherpreisige Zuschnitte von der alten Kuh an, oft auch für den Grill. Diese Fleisch kommt teils aus Spanien, teils aus anderen Herkunftsquellen, seltener aus Deutschland. Die Angebote richten sich vor allem an anspruchsvolle Fleischgenießer, Grill-Enthusiasten und Gourmets.
Wie alt eine „alte Kuh“ sein soll oder muss, ist nicht festgelegt, in der Branche selbst wird darüber diskutiert. Als alt gilt demnach eine Kuh ab acht Jahren, wobei die Tiere auch ein deutlich höheres Alter erreichen können, nämlich bis etwa 22 Jahre.
Das Fleisch von der alten Kuh gilt als »schwierig«, als anspruchsvoll in der Verarbeitung, andererseits kann es mit einer tiefroten Farbe und intensiven Aromen und Geschmackserlebnissen punkten. Es eignet sich nicht nur für Grill und Pfanne, auch für Schmorgerichte aller Art und bei niedrigen Temperaturen vakuumgegart (sous vide) ist es ideal.
In der Regel werden alte Kühe nach der Schlachtung zu Hackfleisch verarbeitet, das aufgrund seiner geschmacklichen Intensität durchaus Hackfleischmischungen bereichert und sich auch Burger-Pattys anbietet.
Ob sich eine alte Kuh für Zuschnitte eignet, die in der Küche genutzt und auf dem Teller genossen werden können, schwankt von Tier zu Tier. Alte Färsen gelten als besser geeignet, über die Verwendung von alten Milchkühen gehen die Urteile auseinander.
Bei den Tieren der Partnerbetrieben des Projekts »Wertschätzung & Wertschöpfung« handelt es sich überwiegend um Kühe aus der Milchwirtschaft, darunter eben auch zahlreich ältere und alte. Auch für diese Tiere eine respektvolle Nutzung durch eine hofnahe Verarbeitung und Wertschöpfung zu finden, ist eine Aufgabe, mit der sich das Projekt auseinandersetzt.